Schöne Zeit mit Aussicht auf Goodbye
Abschied nehmen (dieser Beitrag ist als eine Art Fortsetzung zu „Irgendwas mit Krebs“ zu verstehen)
Während meine Kids alte Photos sichten, beschriften, Jahrszahlen ausbaldowern, versuchen eine timeline zu erstellen und Fragen dazu stellen, tja, da ist mein Platz in der Mitte als Ruhepol – wie schon seit eh und je ein Genuß. Es tut unendlich gut ihr Interesse mit meinen Erinnerungen zu füllen.
Zuhause mit meiner Liebsten Sabrina und den Kindern ist ein wundervolles Geschenk. Sabrina, meine Liebe, ein wahrer Engel schon im Hier und Jetzt, Organisationstalent und unermüdlich in allen Belangen, ist ein wahrer Segen. Zutiefst dankbar bin ich für ihre permanente Präsenz, Liebe und Wärme im Hier und Jetzt.
Manch Träne wird vergoßen, superlustige Momente welchseln ab mit schrägen Geschichten und Herzens-Erinnerungen die uns gemeinsam anrühren.
Welch ein Glück, welche Segnung ich hierbei empfinde, kann ich gar nicht wirklich beschreiben. Aber als ein kleiner Einblick in meine letzten Tage erfüllt dieser Blog seine Bestimmung.
Im Frühling sah mein gesundheitlicher Zustand noch anders aus und mir wurde mitgeteilt und so war ich der Meinung, daß der Darm einfach die nötige Ruhe zur Regeneration braucht, um wieder voll funktionsfähig zu sein. So sprachen ja auch die Ärzte, auch wenn mir alle rieten ne Chemo- & Immnuntherapie „zur Sicherheit“ zu machen. Das kam gar nicht in Frage. Ich war viel zu schwach, hatte zuviel Gewicht verloren und hätte das wahrscheinlich nicht überlebt. War dann körperlich danach auch auf einem guten Weg, sportlich wieder im Badminton aktiv und sonst auch guter Dinge.
Allerdings ist mein Seelenweg doch ein anderer, so daß ich nun viele Monate später erneut an der Schwelle verweile, den Blick hinüber schweifen lasse … in voller Zuversicht und auch Vorfreude auf die kommenden Stationen meiner Übergangs-Reise.
Bauchfellkrebs im Endstadium und dazu ein wachsender Darmverschluß, der Essen nicht mehr möglich macht, führten mich zu der Entscheidung, den Weg des Sterbe-Fastens einzuschlagen. Mein Körper schickte mir eine klare Nachricht.
Seit 9 Tagen habe ich nun nichts mehr gegessen, trinke das Nötigste, und versuche wach zu sein. was mir ganz gut gelingt und uns noch eine schöne, gemeinsame Zeit beschert.
Das Gesicht vom Arzt in der Klinik werde ich nicht vergessen, als ich ihm meine Entscheidung des Sterbefastens mitteilte.
„Ja wie? Sie essen und trinken dann nichts mehr?
Genau, nichts essen und nichts trinken.
„So überhaupt nichts?“
Ja, auf Essen verzichte ich komplett und trinke nur mäßig – etwas Wasser oder Saft. Sterbefasten eben.
„Sterbefasten? Das habe ich ja noch nie gehört.“ (mit leicht furchtsamen Blick)
Interessant ist, daß wir im 21 Jhd. ausgebildete Ärzte in unseren Kliniken haben, die sich so gar nicht oder kaum mit dem Thema Sterben befassen (schon klar daß das eine Verallgemeinerung darstellt – ist aber leider auch meine Erfahrung aus den letzten 12 Monaten)…
Ich hoffe doch sehr, daß sich das in den nächsten Jahren zum Positiven wandelt.
Das Palliativ Team (SAPV für spezialisierte, ambulante Palliativ Versorgung Zuhause), welches Sabrina in ihrer unnachahmlichen Art quasi von einem Tag auf den anderen organisiert hat, versorgt mich prima mit Mitteln gegen Schmerzen und gegen Übelkeit und mit Schlafbeigaben, um entspannte Nächte zu haben.
Wir sind alle überrascht, wie schnell es nun geht, aber für mich und meinen Weg paßt das bestens zusammen. Denn ich habe nicht vor, meine letzten Tage vor mich hindösend, sabbernd, total geschwächt dahin zu vegetieren.