Der Frühling als eine Zeit des Knospens und Aufblühens scheint auf den ersten Blick die Grenzen zu weiten, da alles aufzugehen scheint. Licht wird lichter, Farbe wird farbiger, Herz wird freudiger und die Seele schwingt weiter. Ein Glück wenn Ablagerungen am Seelengrund ein wenig angeschliffen, aufgerauht und durchgestaubt werden, um sich dem nächsten Frühlingswind hinzugeben, da verbraucht und verblichen nicht mehr von Bedarf. Und so finden entgrenzte Farbflächen die Oberfläche des Seins, während alles lichter scheint…
„Ich grenze wie wenig auch, an alles immer mehr.“
Paul Valery
Übergänge wirken als Entspannung gerade weil sie unbestimmt vom Einen zum Anderen führen. Das Leben lebt sich selbt, während sich die Seele am Wundersinn erfreut. Ein Glück haben wir das Wundern nicht verlernt in dieser so bestimmenden Zeit, wo so vieles definiert und vorbestimmt scheint. Immer wieder überrascht von den Wendungen im Unerwarteten und freudig erregt über neue Möglichkeiten…
…und was paßt da besser als Meister Rilke in einer sagenhaften Vertonung von Schönherz und Fleer. Das Rilke Projekt auf den Ohren „In meinem wilden Herzen“ – erklingen all die Zeilen voll Poesie (wohl in dieser Zeit ein eher unbrauchbares Wort) – Weltenklang und dichter Stille, so daß alles was weit noch geweitet und alles was eng hindurch gewoben in höhere Welten, einen Zauber ausbreitend die Seele erfüllt. Keine Kälte kann da die Wärme vertreiben, die von weit weg ganz nah am Herzen wohnt…
Die Liebenden
Richard Schönherz und Angelica Fleer
„Sieh, wie sie zu einander erwachsen:
in ihren Adern wird alles Geist.
Ihre Gestalten beben wie Achsen,
um die es heiß und hinreißend kreist.
Dürstende, und sie bekommen zu trinken,
wache und sieh: sie bekommen zu sehen,
laß sie ineinander sinken,
um einander zu überstehn.„
https://stanko.de/wp-content/uploads/2013/01/cover_in_meinem_wilden_herzen.jpg203230stankohttps://stanko.de/wp-content/uploads/2019/12/logo-stanko-2019.pngstanko2013-01-02 13:03:002013-01-02 13:03:00365 Alben – Tag 2 – Rilke Projekt
Hörst du Geliebte, ich hebe die Hände
hörst du es rauscht
Welche Gebärde der Einsamen fände
sich nicht von vielen Dingen belauscht?
Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider
und auch das ist Geräusch bis zu dir.
Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder
aber warum bist du nicht hier.
Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung
bleibt in der seidenen Stille sichtbar;
unvernichtbar drückt die geringste Erregung
in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein.
Auf meinen Atemzügen heben und senken
die Sterne sich.
Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke,
und ich erkenne die Handgelenke
entfernter Engel.
Nur die ich denke: Dich
seh ich nicht.
Rainer Maria Rilke – Das Buch der Bilder
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„Aber, da ich es versuche, meine Aufgabe zu überschauen, wird mir klar, daß ich Ihnen nicht von Menschen zu reden habe, sondern von Dingen. DINGE. Indem ich das ausspreche (hören Sie?), entsteht eine Stille; die Stille, die um die Dinge ist. Alle Bewegung legt sich, wird Kontur, und aus vergangener und künftiger Zeit schließt sich ein Dauerndes: der Raum, die große Beruhigung der zu nichts gedrängten Dinge.“
Vergiß, vergiß und laß uns jetzt nur dies
erleben, wie die Sterne durch geklärten
Nachthimmel dringen; wie der Mond die Gärten
voll übersteigt. Wir fühlten längst schon, wies
spiegelnder wird im Dunkeln; wie ein Schein
entsteht, ein weißer Schatten in dem Glanz
der Dunkelheit. Nun aber laß uns ganz
hinübertreten in die Welt hinein
die monden ist. Aus: Rilke – Die Gedichte 1906 bis 1910 (Paris, vor dem 7. Februar 1909)
https://stanko.de/wp-content/uploads/2019/12/logo-stanko-2019.png00stankohttps://stanko.de/wp-content/uploads/2019/12/logo-stanko-2019.pngstanko2011-03-20 00:38:362023-02-28 09:08:02Die Welt die monden ist
„Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen,
und er eine zitternde Bitte bloß.
…
Da hab ich ihm seine Himmel gegeben,
und er ließ mir das Nahe,
daraus er entschwand
er lernte das Schweben,
ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt
Engellieder
Seit mein Engel nicht mehr bewacht,
kann er frei seine Flügel entfalten
und die Stille der Sterne durchspalten,
denn er muss meiner einsamen Nacht
nicht mehr ängstlich Hände halten –
seit mich mein Engel nicht mehr bewacht.“
Rilke: Frühe Gedichte (Engellieder)
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„Kommst Du?“ – so die Frage, kommst Du? kommst Du mit? kommst Du zu mir? in mein Reich, näher – ganz nah zu mir, weil Du mir vertraust und weil es Dir gut tut bei mir zu sein…
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Wie leicht verstricken wir uns in Gedankenfeldern von bestätigter Selbstzufriedenheit – aber warum? Ist es denn zu wenig, den eigenen Atem zu spüren, dem eigenen Herzschlag zu lauschen? Ist es zu wenig, ganz still zu sein und leise zu atmen… da ist nichts und niemand, kein anderes Geräusch, kein Laut und kein Wehen, kein Wollen.
Ja, es wird immer wieder allzu schrecklich diesem Allein-Sein ins Auge zu schauen, das Wahre in dieser Erkenntnis ist eben erschreckend…aber warum wollen wir das nicht annehmen? Ich bin allein, Du bist allein, jetzt, gestern und auch morgen und Du warst es immer schon und wirst es bleiben. Ja, es gibt Momente von Zweisamkeit, von Gemeinschaft, von Zufriedenheit im Wohlgefühl der Gruppe. Und wie lange hält das an? Wie lange währt das wirklich? …. jetzt wirds schon wieder still, aber anders als beim ersten Mal…eine feine Stille breitet sich aus, ein Stille, die leise spricht: Alles ist gut, wie es ist – denn dieses „allein“ verzweigt uns in ein Großes, Unausprechliches ein „Eingebundensein“. Wo das Ich als eingebunden angenommen wird, entsteht ein neues WIR.
Eingebunden worin? Hier beginnt die Reise…wir werden sehen, wer uns auf dieser Reise begegnen wird. Es werden weite Seelen sein, andere Suchende, vielleicht Wissende, vielleicht wahrhafte Träumerinnen und Träumer? Vielleicht findet sich ein Freund darunter, ein echter, lebendiger Freund, der zuhört oder eine Freundin, die versteht…Doch meistens werden wir uns fremd bleiben, vielleicht weil Gewohnheit unser ständiger Begleiter ist, Ratgeber und Vertrauter…und allzu oft Berater. Was hält und hindert das liebende Herz sich ganz hinzugeben. Wie kommen wir, je älter und reifer ( und auch verdrehter…) wir werden, wie kommen wir dazu, dieser Herzkraft nicht mehr zu vertrauen?
Vielleicht erinnerst auch Du Dich an diese maßlose Zuversicht aus den Kindertagen, daß ein herzkleiner Kinderwunsch in Erfüllung gehen muß! Wünsche kamen viele, manche wurden wahr – was ein Glück. Andere Wünsche verflossen, wurden vergessen, gar vergraben oder verschenkt. Manche aufgehoben und dann wieder ins Leben genommen. Dieser tiefe dunkle Seelen-See, im Bergesinnern klar und tiefblau liegend vermag auch noch den kleinsten Wunsch zu bewahren, um ihn im rechten Moment dem sehnenden Herz wieder einzupflanzen, weil noch was zu tun, zu wollen und zu lieben ist…
Mach Mich Zum Wächter Deiner Weiten
aus: Rilke Projekt IV – „Weltenweiter Wandrer“
Mach mich zum Wächter deiner Weiten,
mach mich zum Horchenden am Stein,
gieb mir die Augen auszubreiten
auf deiner Meere Einsamsein;
laß mich der Flüsse Gang begleiten
aus dem Geschrei zu beiden Seiten
weit in den Klang der Nacht hinein.
Schick mich in deine leeren Länder,
durch die die weiten Winde gehn,
wo große Klöster wie Gewänder
um ungelebte Leben stehn.
Dort will ich mich zu Pilgern halten,
von ihren Stimmen und Gestalten
durch keinen Trug mehr abgetrennt,
und hinter einem blinden Alten
des Weges gehn, den keiner kennt.
(Rainer Maria Rilke – entstanden 1903 in Viareggio, Italien)
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der EngelOrdnungen?
und gesetzt selbst, es nähme einer mich plötzlich ans Herz:
ich verginge von seinem stärkeren Dasein.
Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen, und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören.
Ein jeder Engel ist schrecklich.
Und so verhalt ich mich denn und verschlucke den Lockruf dunkelen Schluchzens. Ach, wen vermögen wir denn zu brauchen?
Engel nicht, Menschen nicht, und die findigen Tiere merken es schon, daß wir nicht sehr verläßlich zu Haus sind in der gedeuteten Welt. Es bleibt uns vielleicht irgend ein Baum an dem Abhang, daß wir ihn täglich
wiedersähen; es bleibt uns die Straße von gestern und das verzogene Treusein einer Gewohnheit, der es bei uns gefiel, und so blieb sie und ging nicht.
Oh und die Nacht, die Nacht, wenn der Wind voller Weltraum uns am Angesicht zehrt -, wem bliebe sie nicht, die ersehnte, sanft enttäuschende, welche dem einzelnen Herzen mühsam bevorsteht. Ist sie den Liebenden leichter? Ach, sie verdecken sich nur mit einander ihr Los. Weißt du’s noch nicht? Wirf aus den Armen die Leere zu den Räumen hinzu, die wir atmen; vielleicht daß die Vögel die erweiterte Luft fühlen mit innigerm Flug.
(Auszug – Erste Elegie: Rainer Maria Rilke (entstanden im Jahr 1912 in Duino, Italien)
Vertont von Schönherz & Fleer, gesprochen von Ben Becker (Weltenweiter Wandrer – 2010)
https://stanko.de/wp-content/uploads/2019/12/logo-stanko-2019.png00stankohttps://stanko.de/wp-content/uploads/2019/12/logo-stanko-2019.pngstanko2010-11-30 16:56:482023-02-28 09:09:32Die erste Elegie – Rainer Maria Rilke
https://stanko.de/wp-content/uploads/2019/12/logo-stanko-2019.png00stankohttps://stanko.de/wp-content/uploads/2019/12/logo-stanko-2019.pngstanko2010-01-21 00:44:442023-02-28 09:10:44Alles ist eins – Tore gehen auf
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