„Der Erleuchtungsweg des Westens ist die Kunst, aber die Künstler sind nicht erleuchtet.“
Der Dalai Lama, auf die Frage, ob es denn bei uns (gemeint ist der Westen) auch so etwas wie einen Weg zur Erleuchtung gäbe.
Dieser Auszug ist aus einem Beitrag von Liane Dirks, den ich soeben auf mystica.tv gelesen habe – den ganzen Beitrag findest Du hier
Wiederentdeckung des Geistigen?
Natürlich gibt es Gegenbeispiele und es kommt auch Gegenwind auf. Kurz vor seinem Tod formulierte Christoph Schlingensief in einem Fernsehinterview den Satz: „Was mich an der Kunst interessiert, ist das Spirituelle.“ Diesen Satz von einem zu hören, dessen Auftreten man zwar mit provokanten, aufrüttelnden Aktionen verbunden hat, aber nicht unbedingt mit Spiritualität, das ließ aufhorchen. Ungefähr zeitgleich meinte der Schriftsteller Martin Walser – ein Seismograph gesellschaftlich relevanter Themen – Literatur sei eigentlich Religion und es ginge darum, ihr diese eigentliche Bedeutung wieder zukommen zu lassen.
„Religio“ bedeutet Rückverbindung, und wer von Spiritualität spricht, der fragt wieder nach dem Geistigen in der Kunst, nach dem Bewusstsein, dem bewussten Sein.
Und jetzt erklärt auch noch die Leiterin der diesjährigen Documenta, Carolyn Christov-Bakargiev, in einem Interview mit der ZEIT, dass Kunst etwas mit Heilung zu tun habe. „Heilung, das meine ich ganz ernst. Die Kunst kann etwas verändern, sie kann uns verändern.“ Wie wunderbar. Das lässt hoffen!
Heilung ist Ganzwerdung, sie ist eben kein getrennter Prozess. Wie schön wäre es, könnten wir den Weg der Kunst wieder aktiver als Weg der Ganzwerdung verstehen, anschauen, begreifen und ihm noch mehr Wirkung zukommen lassen. Auch öffentlich. Wie schön wäre es, könnten wir Kunst wieder als „wesentlich“ begreifen, als Ausdrucksform von und für neue „Wesen“.
Farb-Meditation
Stanko – Zwei Formen
Jegliche Farbwahrnehmung ist abhängig vom Licht. Von dessen Intensität, Kraft und Reinheit (und zumeist unbeobachtet: von der Dunkelheit als dessen polares Gegenüber) …so erlebt die aufmerksame Betrachtung ganz verschiedene Nuancen oder gar Welten von Dichte und Intensität, je nachdem wie das „natürliche“ Licht mit der Farbe spielen kann. Direkte Sonneneinstrahlung, gedämpftes Nordlicht oder Kunstlicht beeinflußen jede Farbe und jegliche Farbwahrnehmung existentiell.
Manchmal erlebe ich dieses Sehene wie ein Tanz zwischen Licht und Dunkelheit, aus dem heraus die Farbe geboren ihr lustvolles Spiel mit dem Auge treibt. Wie die Bewegung zwischen Polaritäten einen immerwährender Prozeß darstellt (phänomenologisch betrachtet), so führt auch die stille Anschauung einer in sich ruhigen, aber dennoch belebten Farbfläche auf diesen Pfad der Wandlung, auf den Weg des Ein- und Ausatmens, hin zum Pulsieren der Farbfläche…
Ausgehend von der These: Lichtqualität=Farbqualität ist es für das wahrnehmende Auge und die offene Seele immer wieder erstaunlich, in welche Tiefen der Betrachtung wir einsteigen können. Voraussetzung ist dabei die Bereitschaft, in uns die Stille einzulassen. Vorerst nichts zu tun als zu Schauen.
Farbmeditation
Stanko – Tryptichon – drei Farbintensitäten
Landläufig ist die Vorstellung von Meditation derart verbreitet; der Geist soll still werden, die Gedanken beruhigt, während der Meditierende die Augen geschlossen hält und dem Atem folgend ganz bei sich ankommt. Viele Meditierende kommen damit gut zurecht… Ich nicht! Leider gelang mir das so nicht wirklich, da allein das Sitzen (womöglich noch im Schneidersitz) nach ein paar Minuten zur Quall wird. Der Körper meldet sich und will eine andere Position einnehmen, was den Geist in Aufruhr bringt und so die Stille einfach nicht zustande kommt.
Aus der Arbeit mit der Farbfeld Malerei entstand schon vor Jahren im Atelier eine andere Art der „aktiven Stille“, eine Art „aktiver Meditation“ während des Tuns, während des Malens. Ich bemerkte wie im Malakt der Geist – der plappende Verstand still wurde und das Tun eine Qualtät von aktiver Präsenz einnahm… Begleitet von Musik tauchte dann irgendwann mein unruhiger Geist ein in meinen Seelen-See und ward in sich ganz still. Diese Präsenz verhalf mir dann auch im Anschauen des Gewordenen zu einer anderen (erweiterten?) Wahrnehmung. Diese Qualität in der Anschauung half und hilft mir, dem Bild beim Werden zuzuschauen, ohne allzuviel zu drängen oder aus der Vorstellung heraus zu wollen. Wie jeder Künstler aus eigener Anschauung heraus weiß, will das Bild ab einem gewissen Moment ebenfalls etwas und da gilt es aufmerksam zu sein.
Seelentief – Stanko Farbfeld